Fritz Bauer Institut beeindruckt

Wissenschaftsrat bescheinigt Fritz Bauer Institut „beeindruckende Leistungen“

Über ein viele Seiten starkes Lob kann sich das Team des Fritz Bauer Instituts an der Goethe-Universität freuen: Der Wissenschaftsrat bescheinigt dem Institut „beeindruckende Leistungen“ trotz seiner „geringen personellen Ausstattung“ – und regt eine bessere Finanzierung an. Positiv hervorgehoben wird auch die engere Zusammenarbeit mit der Universität, die durch die Kooperationsprofessur ermöglicht wurde.

Hochwertige Forschung und vielfältige Bildungsangebote zu verbinden, dies gelinge dem Fritz Bauer Institut mit geringer personeller Ausstattung sehr gut, heißt es im Bericht des Wissenschaftsrats, der vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst mit der Evaluation des Instituts beauftragt worden war. Die Forschung des Frankfurter Instituts zu nationalsozialistischen Gewaltverbrechen, vor allem zum Holocaust, sowie zum juristischen und gesellschaftlichen Umgang damit nach 1945 sei von hoher Qualität. „Forschung zum Holocaust und die Vermittlung eines kritischen Geschichtsbewusstseins sind auch noch heute und gerade in Deutschland von größter Bedeutung. Hierzu leistet das Fritz Bauer Institut einen wertvollen Beitrag, der künftig noch stärker international ausstrahlen sollte“, wird die Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Dorothea Wagner, in einer Pressemitteilung zitiert.

Unter Pandemiebedingungen hatte das Institut seine Vortragsveranstaltungen online angeboten – als Livestream und auch zum Abruf im Nachhinein. Dieses Angebot ist in der Öffentlichkeit auf große Resonanz gestoßen. Die Reichweite konnte vergrößert werden, deshalb empfiehlt der Wissenschaftsrat, das Angebot aufrechtzuerhalten – nicht ohne zu betonen, dass hierfür eine bessere Personalausstattung notwendig wäre. Denn nicht nur der Bildungs- und Vermittlungsbereich des Instituts sei dünn besetzt, sondern insbesondere auch der Bereich der IT, der Digitalisierung und Medienbetreuung. Nur das außergewöhnlich große Engagement der Beschäftigten ermögliche die dennoch umfangreichen und qualitativ hochwertigen Leistungen. Empfohlen wird, die Anzahl der grundfinanzierten Stellen moderat aufzustocken und den Haushalt jährlich so zu erhöhen, dass er mit den steigenden Kosten Schritt halten könne.

„Wir freuen uns über die große Wertschätzung unserer Arbeit“, kommentiert Prof. Sybille Steinbacher, die das Institut seit 2017 leitet und die eigens geschaffene Professur zur „Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust“ am Historischen Seminar der Goethe-Universität innehat. „Wir sind ein kleines Institut, machen aber viel. Dass zudem unser Potential erkannt und gewürdigt wird, ist wichtig für uns und schlägt sich hoffentlich in der Erhöhung unserer Mittel nieder.“ Die Evaluierungskommission habe Erwartungen formuliert in Hinblick auf Digitalisierung, Internationalisierung und Vernetzung, die auch bereits auf den Weg gebracht seien. „Dass das aber nicht ohne personellen Aufwuchs geht, wurde von der Kommission bestätigt. Darüber sind wir froh. Uns ist bewusst, dass dies gegenwärtig finanziell schwierige Zeiten sind. Aber gerade für unsere digitalen Angebote, für die schulische und außerschulische Vermittlungsarbeit und für unsere Ausstellungen ist eine Aufstockung dringend notwendig“, so Steinbacher.

Blick in das Archiv des Fritz Bauer Instituts. Photo: Werner Lott

Blick in das Archiv des Fritz Bauer Instituts. (Photo: Werner Lott)

Das Fritz Bauer Institut ist 1995 als Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet worden. Namensgeber war der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (1903-1968), der den ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess ins Rollen gebracht hat. Im Jahr 2000 wurde das Fritz Bauer Institut als selbständiges Kulturinstitut ein An-Institut der Goethe-Universität. 2017 wurde die Leitung des Instituts erstmals in gemeinsamer Berufung mit der Goethe-Universität besetzt, seither ist Prof. Sybille Steinbacher in dieser Funktion tätig. Seit seiner Gründung verbindet das Fritz Bauer Institut Forschung zum Holocaust und dessen Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte eng mit Vermittlung und Dokumentation. Das Institut realisiert Forschungsprojekte, Publikationen, wissenschaftliche und öffentliche Veranstaltungen sowie Wanderausstellungen. In der Lehre am Historischen Seminar der Goethe-Universität ist es ebenfalls engagiert. Finanziert wird das Institut vom Land Hessen und der Stadt Frankfurt, einen weiteren, kleineren Anteil trägt der Förderverein Fritz Bauer Institut e.V., auch die Goethe-Universität beteiligt sich an der Finanzierung durch die Bereitstellung von Infrastruktur. Das Fritz Bauer Institut finanziert seine Forschungsprojekte – darunter gegenwärtig mehrere zur Geschichte Frankfurts im Nationalsozialismus – auch über Drittmittel von Stiftungen und aus öffentlicher Hand. Im Jahr 2020 eingerichtet wurde zudem ein von der Frankfurter Medizinerin Dorothee Freudenberg gestifteter und nach ihr benannter Fonds, aus dem Forschungsvorhaben und Stipendien ermöglicht werden können, vor allem zur Geschichte der „Euthanasie“ im NS-Staat und im besetzten Europa.

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Mona Hatoum

Feministisch, politisch und ohne Schnörkel ist die Kunst der palästinensisch-britischen Mona Hatoum.
Deren Retrospektive in Berlin verteilt sich auf gleich drei Orte

Tom Mustroph in der taz:
„Für ihre klare, politische Kunst fand Mona Hatoum ab Mitte der 1990er Jahre weltweit Anerkennung. 1994 hatte sie ihre erste Schau im Pariser Centre Pompidou. Ein Jahr später wurde sie für den renommierten Turner Prize nominiert. Seit einem DAAD-Stipendium 2003 ist sie auch Berlin verbunden. Die jetzige Retrospektive ist nach vielen Jahren die erste Einzelausstellung in Deutschland.“

Austtellungen:

Neuer Berliner Kunstverein bis 13. November 2022
Georg Kolbe Museum bis 8. Januar 2023
Kindl Zentrum bis 14. Mai 2023

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Wir würden auch mit ultraorthodoxen Parteien regieren

„Vor zehn Jahren sagten sie, dass die israelische Linke von Meretz angeführt werde. Heute bangt Ihre Partei um den Einzug in die Knesset. Weshalb stehen die Zeiten so schlecht für Israels Linke?“

Eine Analyse von Markus Bickel, Tel Aviv, Rosa Luxemburg Stiftung

Rolle von Musik und Klang für die Erinnerungskultur

Die Ära der Zeitzeug:innen, die aus eigener Anschauung über die Zeit des Nationalsozialismus berichten können, neigt sich dem Ende zu. Für die Erinnerungskultur in Deutschland stehen deshalb große Veränderungen bevor. Welche neuen Wege in diesem Zusammenhang beschritten werden können, will die Musikwissenschaftlerin Prof’in. Drin. Monika Schoop von der Leuphana Universität Lüneburg erkunden. Mit ihrem aktuellen Forschungsprojekt „Musikalische und klangliche Erinnerungsräume in der Post-Witness Era“ geht sie der Frage nach, wie mit Hilfe von Musik und Klang Erinnerungsräume geschaffen werden können.

Der Wissenschaftlerin geht es darum, einen neuen Weg einzuschlagen und sowohl die soziale als auch die klangliche und musikalische Dimension der Erinnerungsräume zu erfassen. Gleichzeitig soll das Projekt eine neue Plattform in Niedersachsen schaffen, um wichtige Akteure der Erinnerungskultur zu vernetzen und einen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis zu initiieren. Gemeinsam mit den Gedenkstätten Bergen-Belsen, Ahlem und Moringen werden Workshops für nachhaltige Erinnerungsarbeit entwickelt und veranstaltet. Sie dienen dazu, Herausforderungen gegenwärtiger Erinnerungskultur zu thematisieren, Potenziale von Musik und Klang für künftige Erinnerungsarbeit zu reflektieren und Handlungsstrategien zu erarbeiten.

Das Potenzial von Musik und Klang für die Erinnerungsarbeit soll zudem in der Entwicklung spezieller Audioguides in Kooperation mit der Gedenkstätte Ahlem erprobt und genutzt werden. Diese Initiative zielt darauf ab, sowohl die Vergangenheit kritisch zu erinnern, als auch Erinnerungskultur für neue Generationen zugänglich und damit zukunftsfähig zu gestalten. Die Ergebnisse des Projektes sollen veröffentlicht und auf nationalen und internationalen Konferenzen vorgestellt werden.

Wissenschaftliche Ansprechpartnerin: | Leuphana Universität Lüneburg

Leuphana Universität Lüneburg

Kulturzeit

Das 3Sat-Magazin „Kulturzeit“ hat den Deutschen Fernsehpreis 2022 in der Kategorie ‚Information‘ gewonnen!

Aktuell (noch bis zum 27.11.) steht in seiner Mediathek ein beachtenswerter Beitrag über die israelische Medienlandschaft.

In der Sendung vom 27. Oktober 2022 ging es um DemocraTV – Israels alternative Medien !

Kulturzeit

Islam in Europa. 1000-1250

Ausstellung „Islam in Europa. 1000-1250“ vom 7. September 2022 bis 12. Februar 2023 im Dommuseum Hildeshein.

Mit Begleitprogramm und Katalog

In den Kirchenschätzen Europas und im Hildesheimer Domschatz sind zahlreiche Kunstwerke aus vom Islam geprägten Regionen überliefert. Ausgehend von diesen Objekten werden in der großen Sonderausstellung im Dommuseum Hildesheim die Gemeinsamkeiten und Verflechtungen der Kulturen aufgezeigt. Hochkarätige internationale Leihgaben unter anderen aus Florenz, London, Paris und Wien bieten eine einzigartige Möglichkeit, dieses auch für die Gegenwart relevante Thema zu betrachten.

Córdoba, Palermo, Kairo und Konstantinopel waren glänzende Metropolen mit florierender Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst. Kostbare Bergkristallgefäße, Seidenstoffe, Elfenbeinschnitzereien und Übersetzungen von wissenschaftlicher Literatur fanden aus den vom Islam geprägten Regionen einen Weg bis nach Mitteleuropa. Die Migration der Objekte sowie die Vermittlung von Wissen und Technik führten zu einer Verflechtung der Kulturen. Sie verbanden über die Grenzen von Religionen und Sprachen und geographische Entfernungen hinweg die Gebiete des heutigen Irak und Iran über Nordafrika und Spanien bis nach Mitteleuropa. In den Kirchenschätzen erhalten, zeugen diese Objekte von den Gemeinsamkeiten der Kulturen in der Zeit zwischen 1000 und 1250. … (Weiterlesen)

Sog. Keilförmiges Reliquiar mit abbasidischer Schachfigur und arabisch beschriftetem Stein. Dommuseum Hildesheim

Sog. Keilförmiges Reliquiar mit abbasidischer Schachfigur und arabisch beschriftetem Stein. Dommuseum Hildesheim, DS 4. © Dommuseum Hildesheim, Photo: Florian Monheim

Zwei-Staaten? … kein Thema mehr im Wahlkampf in Israel

Während der israelische Premier Yair Lapid auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September noch betonte, daß Israel einer Regelung mit den Palästinensern sehr offen gegenüberstehe und diese Politik zu befördern sei, und dafür gelobt wurde, ist dies heute kurz vor der Wahl am 1. November kaum noch ein Thema.

Im Gegenteil. Die Gewalt im Westjordanland eskaliert, doch die Frage der Konfliktregelung in Richtung einer Zwei-Staaten-Regelung „schrumpft zum Ende des Wahlkampfs“. Und weiter: „Sogar Premierminister Yair Lapid, der international für seine Unterstützung der Zweistaatenlösung vor den VN gelobt wurde, hat aufgehört, das Thema im Wahlkampf zu vertreten“, schreibt die Kolumnistin Mazal Muallem am 25. Oktober auf dem Nachrichtenportal al Monitor.

Der EU-Vertreter „regret“ / bedauerte die Gewalt des israelischen Militärs im Westjordanland und die Tötung von sechs Palästinensern. Diese Auseinandersetzungen werden anhalten, bis es eine Neuaufnahme von Gesprächen zwischen der israelischen und der palästinensischen Seite gebe und eine entsprechende Regelung vereinbart würde, die die (Sicherheits)Interessen beiden Seiten berücksichtigt.

Inzwischen hat der PLO-Generalsekretär die Botschafter der sog. ‚Münchner Gruppe‘ über die gefährliche Eskalation unterrichtet: Hussain al-Shaikh, der Generalsekretär des Exekutivkomitees der PLO, traf am Dienstag mit den Botschaftern von Ägypten, Jordanien, Frankreich und Deutschland zusammen, wo er sie über die jüngsten Entwicklungen vor Ort informierte. Ziel war einerseits ein Austausch über Mechanismen hinsichtlich der Rolle der Gruppe auf regionaler und internationaler Ebene. Schließlich gehe es darum, gemeinsam dahingehend zu wirken, daß die israelische Seite einseitige Maßnahmen einstellt. Und er dankte den vier Ländern für deren Bemühungen und kontinuierliche Unterstützung für die Notwendigkeit einer politischen Vision, die auf internationaler Legitimität beruht, um die israelische Besatzung zu beenden.

Two-state solution shrinks as campaigning wraps up in Israel

EU expresses regret over killing of six Palestinians during Israeli aggression in West Bank

PLO Secretary-General briefs ambassadors of Munich Group on dangerous Israeli escalation

Ein „neues Kapitel im palästinensischen Widerstandskampf“

Für die einen „Freiheitskämpfer“, für die anderen „Terroristen“… – die israelische Armee geht mit großer Härte gegen das ’neue‘ Phänomen vor.

Die Anhänger:innen und Aktivist:innen, die sich Areen al-Usood (Lion’s Den) nennen, stellen eine junge, relativ neue Kraft im palästinensisch-israelischen Kampf dar. Bis jetzt vorrangig in Jenin, Nablus und Tulkerem im Westjordanland aktiv, sind sie jedoch nicht aus dem Nichts entstanden.

Der palästinensische Analyst Daoud Kuttab sieht enge Verbindungen zum islamischen Jihad und schreibt zur Charakterisierung der Anhänger und deren Zielen: es sind disziplinierte junge Männer in den 20ern, deren kleine Zellen dreiste Angriffe auf israelische Sicherheitskräfte im Westjordanland verübt haben, während sie Zusammenstöße mit der palästinensischen Polizei vermieden haben. Wie stark der Islam als Religion in diesen Gruppen eine Rolle spielt, dazu gibt es vor Ort unterschiedliche Einschätzungen.

„Das Auftauchen dieser Gruppe ist die wichtigste Entwicklung in der derzeitigen palästinensischen Widerstandsbewegung gegen die israelische Besatzung. Nach der Ermordung ihres Anführers, Ibrahim al-Nabulsi, durch israelische Spezialeinheiten kamen große Menschenmengen in Nablus zu seiner Beerdigung, um die Unterstützung der Öffentlichkeit für diese bewaffnete Bewegung zu demonstrieren, die sich sowohl den israelischen Besatzern als auch den palästinensischen Sicherheitskräften widersetzt hat.

Die Bewegung besteht aus kleinen ein- bis dreiköpfigen Zellen – meist bewaffnete palästinensische Männer um die 20 – die entschlossen sind, bis zum Tod gegen die israelische Besatzung zu kämpfen. Inzwischen haben sie in einer Ad-hoc-Charta klar zum Ausdruck gebracht, daß sie sich nicht gegen die palästinensischen Sicherheitskräfte, die sie als „unsere Brüder“ bezeichnen, wenden, sondern ihre Aufmerksamkeit „auf die israelische Armee und die randalierenden jüdischen Siedler richten wollen, die viele palästinensische Städte im Westjordanland umzingeln.“

Weiterführende Beiträge: al-Monitor: Palestine BriefingLion’s Den

Americans for Peace Now

Filmbeitrag auf Instagram mit diesem Einführungstext:

„This is powerful and painful. But hard truths need to be spoken.“