Don’t lose hope – Gain perspective!

Auch angesichts der Entwicklung(en) – die Hoffnung nicht aufgeben:
Combatants for Peace

To achieve true democracy in Israel,
and to end the occupation in Palestine,
we must first acknowledge the other.
There is no other way forward.

Welche Bedeutung hat/bekommt Huwara?

Gewalt ist Alltag geworden im „Heiligen Land“, strukturell, individuell – Leben wird auf unterschiedliche Weise genommen. In der aktuellen Debatte und den politischen Auseinandersetzungen in Israel melden sich (jetzt auch) jüdisch religiöse Stimmen zu Wort, die ein Umdenken fordern.

Zwei Beispiele seien hier genannt, beide englischen Texte wurden auf dem Blog der Times of Israel publiziert:

Rabbi Arik Ashermann, seit Jahrzehnten engagierten Menschenrechtsaktivist lädt die Lesenden ein, mit Blick auf das anstehende Purimfest neu nachzudenken:

„Now is the time we are called to distinguish between good and evil, even as we seethe with anger and pain over the murders of Elan and Hallel and Yagel. I hope we are also mourning Sameh Aqtash and praying for the speedy recovery of all those stabbed and shot and otherwise wounded in the pogrom. We must recognize and speak the truth plainly. The truth is that the deadly logic of Had Gadya makes us act like Amalek. We must not legitimate evil because of our righteous victimhood or by falsely and foolishly thinking that it serves deterrence. The truth is that we are overwhelmingly more powerful than the Palestinian and enjoy the support of the most powerful country in the world (although the current government is weakening that support).“

Aviad Houminer-Rosenblum is deputy director-general of Berl Katznelson Center and a member of The Faithful Left movement, fordert in seiner Reflektion eigentlich Unerhörtes: „After Huwara, we must say kaddish for Judaism itself – A generation of Orthodox Jews has been raised on hate. We must reject this feral, anti-Torah approach, and return to tradition“

„In ordinary times, life is not black and white. The Palestinian side also has a significant part in the story. The violence comes in great force and cruelty from there as well, and its many victims and circles burn the soul and draw many good people into the cycle of vengeance. The solution, too, is complex and hard to see, even far off on the horizon. But there are moments when things are actually very clear, clarifying the gray areas, when the choices are between life and death, and good and evil.

This evil version of Judaism is a lethal drug, which through a historical twist of fate gained ascendance over our ancient tradition. Combined with nationalism and majority hegemony in the land of Israel, it has become a conflagration, one that has long since spread beyond religious Zionism — what Americans might refer to as “Modern Orthodox” — to the Haredi, or ultra-Orthodox sector, and Israeli society in general.“

Geld ersetzt kein Leben, aber …

Donate to Hawara:
Wohin schauen in diesen Tagen? Eine kleine Initiative: 11.113 haben sich bis dato daran beteiligt…

Hier ein Bericht bei al-Monitor dazu.

4. März 2023: Ergänzung: In eigener Sache

Wieder Vandalismus an christlicher Stätte in Jerusalem

Nachdem erst vor wenigen Tagen der protestantische Friedhof auf dem Zion Ziel der Zerstörungen war, brach am 2. Februar (Maria Lichtmeß) ein radikaler Jude in die Kirche der Flagellation (Geißelungskapelle am Beginn der Via Dolorosa) ein und zerstörte eine Christusfigur, bevor er von Wächtern überwältigt werden konnte.

Hier die Stellungnahme des Custos der Franziskaner, auf deren Gelände die Kapelle liegt, sowie ein kurzes Video.

Erst am Tag zuvor war es zu „violant attacks“ gekommen, wie es in Erklärung des Lateinischen Patriarchates heißt:

A STATEMENT ISSUED BY
THE JERUSALEM PATRIARCHATE
REGARDING THE RECENT RADICALS’ ATTACK ON THE CHRISTIANS OF THE NEW GATE AREA

Aus dem babylonischen Gefängnis ausbrechen

Die religiösen Parteien in Israel sind seit längerem in einer „unheiligen“ Allianz mit der politischen Rechten, ein aufeinander angewiesen sein, das eine große Herausforderung für die prophetische Kraft der Religion ist. Einer der Gründe dafür ist sicher auch das Schweigen der „religiösen Linken“ – links und fromm scheint für viele unvereinbar.

Eine Konferenz in dieser Woche in Jerusalem versuchte, sich dem zu nähern, hier der Bericht von Yuval Abraham auf +972.

Abschied von Hermann Sieben

* 06. Juni 1933 + 13. Januar 2023 – r.i.p.

Loyaler Freund Israels und der Palästinenser und ein großes Vorbild

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

vor wenigen Tagen, am 13. Januar 2023, hat Hermann Sieben sein langes Leben im Dienst des Friedens vollendet. Er war vielen Menschen bekannt, zum einen durch sein Wirken als Leiter des internationalen Jugendaustausches der Bundesrepublik Deutschland mit Ägypten, Jordanien und Israel, und zum anderen durch seinen loyalen, unbeirrbaren und unglaublich erfolgreichen Einsatz für das jüdisch-arabische Friedensdorf Neve Shalom Wahat al-Salam in Israel (deutsch: „Oase des Friedens“).

Hermann Sieben begleitete den deutschen Freundeskreis des Dorfes fast von Anfang an. Er wurde 1985 stellvertretender Vorsitzender,  war von 1989 bis 2013 Vorsitzender des „Freunde von Neve Shalom Wahat al-Salam e.V.“ und blieb danach – bis zu seinem Tode – Ehrenvorsitzender. Zugleich war er seit ihrer Gründung Vorsitzender der von ihm initiierten Bruno-Hussar-Stiftung.

Sowohl in seiner Arbeit im Jugendaustausch als auch in seinem Einsatz für die Bildungseinrichtungen des Friedensdorfes wurde er zu einer Institution. Sein Handbuch über den deutschen Jugendaustausch wurde zum Standardwerk. Eine ganze Generation von Multiplikatoren bildete er fort und brachte sie mit Gesprächspartnern in den Zielländern zusammen. Viele von ihnen reisten mit ihm auch nach Neve Shalom.

Hermann Sieben wusste: Frieden und Versöhnung entstehen nicht von selbst. Er wusste Menschen dafür zu begeistern und eröffnete ihnen konkrete Möglichkeiten, sich – ihren Fähigkeiten und Qualifikationen entsprechend – zu engagieren. So wurde er zum Pionier der doppelten Solidarität mit Juden und palästinensischen Arabern in Deutschland.

Er wusste auch: So gut pädagogische Arbeit auch sein mag – ohne die notwendigen materiellen Voraussetzungen ist ein langfristiger Erfolg kaum möglich. So sorgte er durch sein unermüdliches und unerschrockenes Werben für das Friedensdorf und dank der von ihm erwirkten Hilfe durch Stiftungen und Kirchen, durch Bundesländer, Städte und Gemeinden und nicht zuletzt auch durch Einzelspender nicht nur dafür, dass die Bildungsinstitutionen in Neve Shalom • Wahat al-Salam ihre friedenspädagogische Arbeit tun und weiterentwickeln konnten.

Er erreichte zusätzlich, dass das Gästehaus gebaut und 1992 eingeweiht werden konnte. Dort konnten fortan sowohl Teilnehmergruppen von Workshops und Kursen des Begegnungs- und Fortbildungszentrums „School for Peace“ übernachten als auch andere Gäste – zugleich eine Einkommensquelle und ein wichtiger Arbeitgeber für das Dorf. Auf seine Initiative hin konnte einige Jahr später auch das Volontärshaus gebaut und eingeweiht werden.

Besonders lagen Hermann Sieben die Grundschule und  die „School for Peace“ am Herzen. Mehrfach kam er dem Dorf buchstäblich als Ein-Mann-Feuerwehr zu Hilfe. So half er der Grundschule aus einer bedrückenden Schuldensituation wegen der hohen Transportkosten für die damals ca. 85% externen Schulkinder: Er organisierte die Finanzierung von zwei großen Schulbussen, die der Grundschule dann etliche Jahre für den Transport zur Verfügung standen.  – Während der Pandemie sorgte er über die Bruno-Hussar-Stiftung dafür, dass die School for Peace für die Unterkunft von TeilnehmerInnen an Präsenz-Workshops bezahlen und das Gästehaus zugleich ökonomisch überleben konnte.

Unzählige Stunden seines Lebens hat Hermann Sieben seiner vollkommen ehrenamtlichen Arbeit für Neve Shalom • Wahat al-Salam gewidmet. Wie groß seine Leistung als Förderer des Friedensdorfes war, wurde uns erst richtig klar, als wir ihn 2013 als Vorsitzenden unseres Vereins verabschiedeten und die Überweisungen des Vereins an die Bildungseinrichtungen noch einmal anschauten. Was wir entdeckten, war unglaublich: In den 28 Jahren seines Vereinsvorsitzes hatte Hermann mehrere Millionen Euro an Spenden gesammelt.

Hermann Sieben wurde am 26. Januar 2023 in St. Augustin bei Bonn beigesetzt.

In großer Dankbarkeit und tiefem Respekt

„Freunde von Neve Shalom • Wahat al-Salam e.V.“                                                                             

Ulla Philipps-Heck (Vorsitzende) – 27.01.2023

Erste lutherische Pfarrerin ordiniert

Am Sonntag, 22. Januar 2023 wurde in der Jerusalemer Erlöserkirche Sally Azar als erste Palästinenserin in die Ev.-Lutherische Kirche von Jordanien und dem Heiligen Land ordiniert. Hier zwei Bilder von der Feier mit der weltweiten evangelischen Ökumene präsent.

Photos: H. Schmidtke

Solidaritätsbesuch israelischer Juden und Jüdinnen auf dem Zionsfriedhof

Israeli Jews Support Christians after Church-Run Cemetery Desecrated

Und in Ergänzung zu den Hinweisen von gestern hier noch eine Sammlung zur Berichtertattung aus einer Mail von Dr. Uwe Gräbe, EMS Stuttgart und eine Ergänzung zu seiner vorigen Mail:

***

„Zu guter Letzt – weil ich darauf ebenfalls angesprochen wurde: Natürlich kann es m.E. nun kaum darum gehen, an zwei offenkundig fehlgeleiteten Jugendlichen ein juristisches Exempel zu statuieren. Die Frage stellt sich jedoch, warum es bei den zahlreichen Übergriffen gegen christliche Einrichtungen und Geistliche im Heiligen Land in den vergangenen Jahren – inklusive Brandanschlägen, Spuckattacken und Friedhofschändungen – immer wieder jugendliche Schüler aus Talmudschulen einer bestimmten politischen Richtung waren, die anschließend als (oftmals strafunmündige) Täter identifiziert wurden. Diese religiös-politische Strömung lässt sich klar identifizieren, und sie spielt in der israelischen Politik leider eine große Rolle.

Die Schneller-Schulen im Libanon und in Jordanien setzten derweil ihre Bestrebungen fort, christliche und muslimische Schülerinnen und Schüler, zumeist aus sehr armen, zerbrochenen Familien und vom Rande der Gesellschaft, in gegenseitigem Respekt und Toleranz aufwachsen zu lassen.

Und wer sich weiter über die Geschichte des protestantischen Zionsfriedhofs in Jerusalem informieren möchte, kann dies auch mit meiner hier erhältlichen, diesbezüglichen Publikation tun: : https://shop.aphorisma.eu/products/aphorisma_978-3-86575-494-3

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Gräbe“

Der Zionsfriedhof erneut geschändet

Zum wiederholten Mal wurde der historische, anglikanisch-preußisch-protestantische Friedhof auf dem Zionsberg, auf dem u.a. Bischof Gobat, aber auch Johann Ludwig Schneller begraben sind, vandalisiert.

Die Bilder der Überwachungskamera haben zwei junge, jüdisch-orthodox bekleidete Männer gefilmt. Inzwischen ist auch eine entsprechende Verhaftung erfolgt.

Hier einige Stimmen und Berichte:

Tagesspiegel, Berlin

ÖRK, Genf

Jerusalemverein, Berlin

VaticanNews, Rom

Times of Israel, West-Jerusalem

Jerusalem Post, West-Jerusalem

BBC, London

***

Eine persönliche Stellungnahme von Dr. Uwe Gräbe, eh. deutscher Propst in Jerusalem:

Protestantischer Zionsfriedhof in Jerusalem geschändet

Auch das Grabmal von Johann Ludwig Schneller unter den rund 30 schwer beschädigten Monumenten

Am 3. Januar machten Besucherinnen und Besucher des Protestantischen Friedhofs auf dem Zionsberg in Jerusalem eine traurige Entdeckung: In den Tagen zuvor waren rund dreißig Gräber schwer beschädigt worden. Bilder einer Überwachungskamera zeigen zwei junge Männer beim Zerschlagen der steinernen Kreuze auf den Gräbern. Beide Männer tragen traditionelle jüdische Kleidung.

Unter den zerstörten Monumenten findet sich auch der Grabstein des Gründers der Schneller-Schulen, Johann Ludwig Schneller (1820-1890) und seiner Frau Magdalene (1821-1902). Aber auch ein wunderschönes Marmorrelief auf dem Grabmal Samuel Gobats, des zweiten evangelischen Bischofs in Jerusalem (Amtszeit 1846-1879) wurde in Stücke geschlagen. Unter Bischof Gobat, der selbst eine große Zahl an Schulen im Heiligen Land gegründet und so einen enormen Beitrag zur Entwicklung der Region geleistet hatte, hatte Schneller seinen Dienst in Jerusalem begonnen. Zu jener Zeit gab es hier ein gemeinsames preußisch-englisches Bistum, welches von 1841-1886 bestand. Der von Gobat selbst gegründete Friedhof, der sich im Eigentum der anglikanischen Kirche befindet, ist bis heute die letzte noch gemeinsam betriebene Einrichtung dieses Bistums: Er wird von der Episcopal Diocese of Jerusalem, einer EMS-Mitgliedskirche, zusammen mit der Evangelischen Gemeinde Deutscher Sprache zu Jerusalem bewirtschaftet. Hierzu besteht ein gemeinsames Friedhofskomitee.

Erzbischof Hosam Naoum, das Oberhaupt der anglikanischen EMS-Mitgliedskirche, benennt diesen Vorfall sehr deutlich als Hassverbrechen und appelliert an die israelischen Behörden, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Zugleich bittet er die Öffentlichkeit und insbesondere alle Verantwortungsträger, einzutreten für „Sicherheit, gegenseitigen Respekt und religiöse Toleranz in dieser Heiligen Stadt, die von allen drei abrahamitischen Religionen verehrt wird.“

Die Evangelische Mission in Solidarität (EMS) und der Evangelische Verein für die Schneller-Schulen (EVS) stehen angesichts dieser Verwüstungen solidarisch an der Seite ihrer anglikanischen Geschwister vor Ort, sowie an der Seite aller betroffenen Christinnen und Christen, und schließen sich dem Appell des Erzbischofs an. Zugleich begrüßen EMS und EVS gemeinsam mit der Episcopal Diocese of Jerusalem die unterstützenden Stellungnahmen des israelischen Staatspräsidenten, des israelischen Außenministeriums, des Jerusalemer Oberrabbinats und zahlreicher Vertreter/innen der israelischen Zivilgesellschaft, sowie die Solidaritätsbekundungen zahlreicher Kirchen und christlicher Organisationen lokal und weltweit. Dazu zählen unter anderem der Rat der Kirchenoberhäupter in Jerusalem, der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), der Erzbischof von Canterbury, die Anglikanischen Weltgemeinschaft und viele mehr.

In einem solchen Zusammenhang wird anschaulich, was der Apostel Paulus schreibt: „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.“ (1 Korinther 12, 26)

Übrigens hat die israelische Polizei bereits kurze Zeit nach diesen Ereignissen zwei Tatverdächtige festgenommen: Der eine ist 14 Jahre alt, der andere 18 Jahre. Man mag sich an das Jahr 2013 erinnert fühlen, als auf demselben Friedhof ebenfalls von orthodoxen Talmudschülern zahlreiche Kreuze zerschlagen wurden. Diese Schäden wurden anschließend von israelischen Stellen repariert. Auch damals befand sich darunter das Kreuz auf dem Grab Johann Ludwig Schnellers. Während 2013 allerdings ausschließlich das Kreuz vom Grabstein gerissen wurde, sind diesmal die Beschädigungen offenbar schwerwiegender: Die gesamte obere Steinplatte des Grabmals wurde auf ein Nachbargrab geworfen. Noch ist nicht abzusehen, wer die Reparatur diesmal übernehmen wird. Angesichts des jugendlichen Alters der Täter kann man nur mit Sorge ein wachsendes Klima der Intoleranz in Israel wahrnehmen, in welchem diese jungen Menschen erzogen werden und welches sich auch in den jüngsten politischen Entwicklungen ausdrückt. Die weltweite Kritik am „Spaziergang“ des israelischen Ministers Ben Gvir auf dem Tempelberg / Haram Ash-Sharif mag von israelischen UN-Vertretern als „lächerlich“ bezeichnet werden. Der Zusammenhang dürfte jedoch nicht ganz fern liegen, dass sich junge Menschen durch die hinter solchen Spaziergängen liegende Haltung ermuntert fühlen, bei ihren eigenen Spaziergängen auch mal die Symbole einer anderen Religion zu zertrümmern.

Hinweis:
Zur Geschichte des Friedhofs gibt es eine Veröffentlichung innert der Reihe Kleine Texte bei AphorismA

6. Januar – Epiphanie/Epiphanias

Mit dem Blick auf die orthodoxe Welt, für die heute das Christfest beginnt, sei auf eine Initiative des Weltkircherates verwiesen, der seit vielen Jahre die Menschen durch das Jahr begleitet und einlädt, jede Woche eine neue Region der Welt virtuell zu besuchen und die auf die Probleme und Herausforderungen der Menschen dort zu schauen.

Die Woche vom 01. – 07. Januar 2023 nimmt Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon und Palästina in den Blick.