Zusammenfassung von Ulla Philipps-Heck
Auf Initiative der Stiftung Culture Counts und Einladung des Auswärtigen Amtes hin kamen 29 Peace Builders (pbs) aus 25 Krisengebieten in Asien, Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten und Osteuropa für fünf Tage nach Berlin. Sie alle haben in lokalen Projekten Methoden und Lösungsansätze entwickelt, mit denen sie in ihren Zivilgesellschaften an der Überwindung von Ungleichheit, Diskriminierung, Exklusion und Gewaltanwendung arbeiten.
In einem viertägigen gemeinsamen Workshop in der Akademie in Paretz tauschten die 29 Peace Builders (pbs) ihre Erfahrungen und Arbeitsmethoden aus. Beim Empfang im Auswärtigen Amt am letzten Tag ging es um Fragen wie: Was stärkt uns – d.h. die pbs und die deutschen Partner – in Krisengebieten bzw. in der Krisenprävention heute? Welche Erfahrungen und Impulse nehmen wir mit? Und: Was erhoffen die pbs von den deutschen Partnern des Summit bzw. der Krisen- bzw. Entwicklungspolitik der deutschen Regierung?
Sowohl Michael Gleich von der Stiftung Culture Counts als auch Christian König (Abteilungsleiter Konfliktprävention des Auswärtigen Amtes) betonten, dass es ihnen nicht nur um Zuhören und Reden sondern auch um konkrete Unterstützung geht. Als weitere wichtige Aufgabe betrachten sie, pbs einen sicheren Raum für den Erfahrungsaustausch zu bieten und Trainingsmaßnahmen zu unterstützen. Die Abteilung Konfliktprävention des AA erarbeitet z. Zt. neue Richtlinien für ihre Arbeit, die 2017 fertig sein sollen; Input von lokalen Experten in Krisengebieten ist ausdrücklich erwünscht.
Aus Sicht der pbs ist in der Entwicklungspolitik bzw. Krisenprävention westlicher Staaten ein doppelter Perspektivwechsel nötig, den sie in den folgenden Punkten zusammen fassten :
- Die Zivilgesellschaft verliert in fast allen Krisengebieten an Einfluss und Boden. Dem muss dringend entgegengewirkt werden. Lokale zivilgesellschaftliche Kräfte, die sich in der praktischen Umsetzung von Menschenrechten engagieren, müssen dabei stärker in den Fokus genommen und ihre Kompetenzen stärker genutzt werden.
- Der Westen/Norden muss zu verstehen beginnen, dass es keine globalen Rezepte für die Vorbeugung und Lösung von Konflikten gibt; jeder Konflikt ist eingebettet in spezifische Rahmenbedingungen. Lokale Akteure und Projekte wie die der anwesenden pbs haben Kompetenzen und wirksame Lösungsansätze entwickelt, die sie auf der Basis ihrer Erfahrungen kontinuierlich weiter entwickeln wollen. Von diesen Kompetenzen kann die deutsche/westliche Außenpolitik nachhaltig profitieren.
- Um der Außenpolitik der BRD innovative und nachhaltige Impulse geben zu können, brauchen die pbs langfristig angelegte Unterstützung, auch durch internationale Veranstaltungen, wie sie das AA und die Stiftung Culture Counts durch diesen „Global Peace Builders Summit“ initiiert haben. Solche Tage gemeinsamen Nachdenkens und Arbeitens bieten eine „Auszeit“ und damit Schutz vor ‚burn-out‘ der pbs; sie bieten den pbs eine dringend nötige Gelegenheit, Erfahrungen auszutauschen und ein Netzwerk von lokalen effektiv arbeitenden Projekten aufzubauen, das den Austausch und die Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen und Lösungsansätze effektiviert.
- Weitere „Summits“ ähnlich dem jetzigen tragen wesentlich dazu bei, dass aus innovativen, lokal entstandenen Lösungsansätzen nachhaltige Impulse für Krisenprävention entstehen können. Die beim Summit 2016 anwesenden pbs hoffen darauf, dass das AA und die Stiftung Culture Counts diese Chance für die lokale Prävention bzw. die lokale Lösung von Krisen global ergreifen und bald einen zweiten solchen Summit organisieren werden.
Nava Sonnenschein, Leiterin der School for Peace in Neve Shalom – Wahat al Salam in Israel, war eine der pbs, die zu dem Summit eingeladen waren. Hier ihr Fazit:
„Der Summit hat uns allen, die wir aus so verschiedenen Konfliktgebieten kommen, einen selten möglichen Rahmen geboten, in dem wir Projekterfahrungen und Ideen miteinander austauschen konnten. In den gemeinsamen Tagen in Paretz wurde bald klar, dass wir trotz der Verschiedenheit unserer Projekte und Konfliktgebiete mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben: Die Arbeit von Menschenrechtsprojekten für Gleichberechtigung, Inklusion und friedlichen Konfliktlösungen wird in den meisten Krisengebieten zunehmend durch gesetzliche Regelungen der jeweiligen Regime beschnitten. Peace builders müssen deshalb Wege finden, ihre Zivilgesellschaften in ihrem lokalen Umfeld zu stärken.
Viele pbs sind inzwischen der Ansicht, dass diese Aufgabe von den UN nur unzureichend wahrgenommen wird, und dass wir deshalb ein eigenes Netzwerk, d.h. unsere eigenen „Vereinten Nationen“ bilden müssen. Dieser Summit war ein Schritt in die richtige Richtung. Wir hatten den Raum und den Rahmen für eine gemeinsame Bestandsaufnahme und die Entwicklung erster Netzwerk-Ideen. Am Donnerstag kam eine etwa 10-köpfige Gruppe des Bundestags-Unterschusses „zivile Konfliktprävention“ zu uns und stellte uns zahlreiche spezifische Fragen zu unseren Projekten sowie Fragen zu unseren gemeinsamen Herausforderungen durch die globalen Krisen.
Die gemeinsamen Tage bei diesem Summit haben uns eine Atempause verschafft. Unser Erfahrungsaustausch hat die Relevanz und das Potential lokal tätiger pbs gestärkt und deutlich gemacht, dass globale Krisen auch über den lokalen Ansatz gelöst werden können und müssen. Die vor Ort tätigen Projekte sind es, die konkret mit Ungleichheit, Diskriminierung, Exklusion und Gewaltanwendung konfrontiert sind, und sie sind es, die nachhaltige Lösungsansätze entwickeln und bereits praktizieren.
Wir danken dem Team in Paretz, wo die pbs herzlich willkommen geheißen und mit großer Achtsamkeit betreut wurden. Wir alle haben verstanden, welch enorme organisatorische Leistung diesen Summit erst möglich gemacht hat und danken den Teams der Stiftung Culture Counts und des deutschen Außenministeriums für ihren großen Einsatz. Und wir alle hoffen sehr, dass es nicht nur eine Fortsetzung unseres Erfahrungs- und Kompetenzaustausches über das geplante online-Forum, sondern auch eine Fortsetzung solcher Summits geben wird.“
Website der School for Peace: http://www.sfpeace.org
© Bericht und Übersetzung des Statements von Nava Sonnenschein: Ulla Philipps-Heck 12. September 2016
Weitere Informationen: http://global-peacebuilders.org/

Die Friedensschule Neve Shalom/Wahat al-Salam in Doar Na Shimshon
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