Uri Avnery ist tot (1923-2018)
In der Nacht von Montag starb in Tel Aviv – einen Monat vor seinem 95. Geburtstag – der am 10. September 1923 als Helmut Ostermann im westfälischen Beckum geborene Friedensaktivist und große Humanist Uri Avnery. Der Prophet gilt im eigenen Land wenig, so eine alte Weisheit, Uri Avnery war in der Welt vielfach geschätzt und vielfach ausgezeichnet, so mit dem Aachener Friedenspreis oder mit dem Alternativen Nobelpreis. Zuhause, in dem Land für das er kämpfte, schon 1948 in ersten Krieg auf dem Feld, im Parlament über drei Wahlperioden oder in den letzten Jahrzehnten in der von ihm entscheidenend mitgegründeten und getragenen Friedensorgansisation Gush Shalom, schlug ihm nicht nur Freundschaft und Respekt entgegen.
Jede Woche kam seine Kolumne, brachte Dinge auf den Punkt, sprach aus, was manche nicht hören möchten, zugespitzt, pointiert, eingebunden in die geschichtliche Erfahrung und die zum Teil hitzige Debatten in seinem Land.
Ich erinnere noch heute lebhaft eine Begegung aus dem Jahr 1992 in seiner Wohnung, ich war gerade mit dem Trierer Bischof Spital gelandet und zu ihm und seiner Frau Rahel gefahren, bevor wir zusammen in Hafen von Jaffa zu Abend aßen. Vor Oslo… und Uri sprach vehement davon, es müsse mit der PLO verhandelt werden, nur mit den ‚Feinden‘ gebe es Frieden: Und der Gast staunte über dieses Entre für seine Reise.
Nach Oslo, Frühjahr, 1994, ein Frühstück im Hotel Freshman-Street, direkt bei seiner Wohnung, eine politische Delegation, der stellvertretende Verteidigungsminister war gerade gegangen, im Aufstehen stand Uri schon als nächster Gesprächspartner in der Tür, die Augen des Ministers rollten… Und Uris erster Satz im Anschluß an den vorherigen Gast: ‚Wir wollen Frieden schließen, aber wir tun es noch immer mit der Haltung des Krieges, das wird nicht gelingen.‘ Und dann noch: ‚Warum lassen wir nicht jetzt endlich alle politischen Gefangenen (!) frei, all die Palästinenster, die wegen Dingen im Gefängnis sitzen, die zum politischen Befreiungskampf gehören…?‘ Wie hatte der Minister zuvor gesagt: Wenn die Palästinenser etwas wollen, auch ihre Gefangenen, dann müssen sie dafür bezahlen.
Welche eine Welt lag zwischen ihm und Uri.
Ein solches Lebenszeugnis, lange mitgetragen von seiner 2011 verstorbenen Frau Rachel, verdient Achtung und Respekt, sein Mut, seine Courage, seine visionäre Kraft werden schmerzlich fehlen.
Aber sie bleiben eine Quelle der Kraft und der Hoffnung, daß Frieden, ja mehr noch, daß Versöhnung möglich sind. Und sie werden kommen! (rzw)
R.I.P.
(Photo von Uris Website)
Ha’aretz würdigt Uri in seiner Ausgabe vom 21. August 2018 auch mit seinen Textbeiträgen – hier der freie Link.
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Nachtrag am 1. September (dem Antikriegstag):
Bilder von der Verabschiedung in Tel Aviv … ein letzter Gruß…
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