Rechtsextremismus nach 1945

Tagung des Archivs für Sozialgeschichte / Friedrich Ebert-Stiftung | 29.09.2022 – 30.09.2022

In der Diskussion um rechtspopulistische und rechtsextreme Politik und Aktivitäten wird die historische Kontinuität rechtsextremen Denkens und Handelns wenig thematisiert. Das rechtsextreme Milieu wird häufig als etwas Fremdes und außerhalb der Gesellschaft und ihrer grundlegenden politischen Kultur Stehendes verstanden. Noch augenfälliger galt dies für die DDR, die aus dem Antifaschismus ihre politische Legitimation bezog. Zugleich zeigt sich in den aktuellen Wahlkämpfen in Europa immer deutlicher, dass es ein erhebliches Stimmenreservoir für rechtsextreme, nationalistische Parteien gibt. Diese oft populistischen Bewegungen lediglich als „Betriebsunfälle“ zu interpretieren, verkennt die vielfältigen historischen Kontinuitäten im rechtsextremen Milieu ebenso wie soziale Brüche und ideologische Neuausrichtungen.

Eine Gesellschaftsgeschichte des Rechtsextremismus zu entwerfen, mit einem vergleichenden Blick auf Entwicklungen in Europa, ist daher ein lohnender Ansatz, um diese politische Bewegung stärker zu kontextualisieren und vor allem zu historisieren. Eine solcher Ansatz fragt nicht nur nach den Entwicklungen und Hintergründen des politisch marginalisierten rechtsextremen Milieus, sondern auch nach tieferliegenden Einstellungen und vor allem nach gesellschaftlichen Bedeutungen und Funktionen des Rechtsextremismus. Dabei wird auch erkennbar, dass bereits der Begriff viele unterschiedliche Aufladungen hatte. War Rechtsextremismus in den 1950er-Jahren das Gleiche wie heute? Wer entwarf Zuschreibungen, wie wurden Kategorien und Kriterien definiert? In welchem Verhältnis standen Fremd- und Selbstzuschreibungen? Nicht zuletzt ist an dieser Stelle auch zu analysieren, welche Rolle Beobachter politischer Bewegungen für die Begriffsverständnisse spielten.

Hinsichtlich der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen mit Rechtsextremismus sind staatlich-institutionelle und politische Ausführungs- und Entscheidungsgruppen ebenso bedeutsam wie zivilgesellschaftliche Akteure, Gruppen ehemals Verfolgter oder von rassistischer Gewalt und Diskriminierung Betroffener. Wer beteiligte sich am gesellschaftlichen Diskurs über Rechtsextremismus, welchen Deutungen dominierten und welche wurden ausgegrenzt? Welche Funktionen nahm der Rechtsextremismus im politischen Selbstverständigungsdiskurs Deutschlands ein – auch jenseits der deutsch-deutschen Auseinandersetzung? Wie wurde er beobachtet und eingeordnet? Dies ließe sich beispielsweise im Kontext von Wahlen näher analysieren, deren Ergebnisse auch die Konjunkturen der Beobachtung und Erforschung mitbestimmten. Hier sind vielfache Verschiebungen und Erweiterungen im historischen Verlauf zu beobachten. Zudem internationalisierten sich Rechtsextremismus und Rechtspopulismus nach 1945 und vernetzten sich überdies transnational.

Ausgehend von diesen Fragen will die Redaktion des Archivs für Sozialgeschichte gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren zentrale Dimensionen des Themas ermitteln und konzeptionelle Überlegungen für den geplanten Band und die einzelnen Beiträge entwickeln. Weitere Teilnahmen sind daher nur im Einzelfall nach vorheriger Anmeldung möglich.

Programm – Anmedlung bis 23. September 2022

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