Drei Stimmen – von vielen

Moshe Zuckermann auf Youtube

„Der Staatsstreich in Israel hat erst begonnen“, so der Titel des Vortrages, den der Historiker Professor Mosche Zuckermann Ende Juli 2023 in München gehalten hat. Professor Zuckermann bringt eine klare Bestandsaufnahme und Einschätzung der aktuellen Lage des politischen Systems und der gesellschaftlichen Verfasstheit in Israel. Dies verbindet er mit einer exzellenten dialektischen Analyse der strukturellen Basis für derartige Entwicklungstendenzen. Daraus schlußfolgernd ist sein Ausblick wenig optimistisch, aber realistisch, und folgerichtig.

Startbild Youtube Noshe Zuckermann

Eli Salzberger in der Berliner Zeitung (31. Juli 2023)

„Ich hoffe sehr, dass es nicht zu echter Gewalt kommt“, sagt der Jurist Eli Salzberger in der Berliner Zeitung (Print u online) und „sieht Israel an einem kritischen Punkt: Weil das Land keine geschriebene Verfassung hat, können Minderheiten ihren Schutz verlieren.“

Ausriß Berliner Zeitung Eli Salzberger

Und in der Frankfurter Rundschau (1. August 2023) Tom Segev im Gespräch mit Michael Hesse

Ausriß Frankfurter Rundschau Tom Segev

Zum Hintergrund der Proteste gegen den Besuch von B. Netanyahu

Israels Staatsumbau – Eine historische Kontextualisierung der israelischen Justizreformen

Ein ausführlicher, einordnender Beitrag von Lidia Averbukh auf dem verfassungsblog.de

Zeiten(w)ende

Netanyahu – und in seinem Gefolge eine Mehrheit des israelischen Parlaments – hat für ein religiös-nationalistisches Projekt entschieden.

Christian Meier, seines Zeichens Korrespondent der konservativen Frankfurter Allgemeinen Zeitung, schreibt heute auf der ersten Seite:

„Im Innern wie nach außen hin präsentiert sich die Regierung als religiös-nationalistisches Projekt. Mit Blick auf den israelisch-palästinensischen Konflikt lässt sich die Ideologie, die einige der Koalitionspartner vertreten, als militaristischer jüdischer Suprematismus charakterisieren. Allen voran betrifft das die nationalreligiösen Politiker Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir. Sie haben lange verhandelt, um sich die gewünschten Zuständigkeiten zu sichern.

Nun erhält der Annexionsideologe Smotrich weitgehende Kontrolle über den Siedlungsbau, während der politische Pyromane Ben-Gvir so stark in die Arbeit der Polizei eingreifen darf wie kein Minister vor ihm.

Ben-Gvirs und Smotrichs Erfolg beruht auf wenigen, simplen Parolen. Im Mittelpunkt steht die Behauptung, die Juden würden von den Palästinensern an den Rand gedrängt – in Israel, aber auch in den besetzten Gebieten. Die Juden müssten wieder „Herren im eigenen Haus“ werden. Der Besen, mit dem dieses Haus ausgekehrt werden soll, ist eisern: Terroristen umstandslos erschießen, Soldaten vor Ermittlungen schützen, gegen Menschenrechtsorganisationen
vorgehen sind nur einige der Maßnahmen, die vorgeschlagen wurden, um sich gegen die Übernahme durch „die Araber“ und gegen deren Unterstützer zur Wehr zu setzen, allen voran gegen die EU.

Diese Umkehrung der Realität ist charakteristisch für Ben-Gvir und Smotrich. Sie bietet zugleich einen Schlüssel zum Verständnis ihres Erfolgs. Die israelische Gesellschaft ist von tiefen Gräben durchzogen, etwa zwischen Säkularen und Religiösen oder zwischen Israelis unterschiedlicher Herkunft. Hinzu kommt das seit 55 Jahren währende Besatzungsregime: Es hat die Israelis verhärtet und macht, wie selbst Regierungsmitarbeiter hinter vorgehaltener Hand zugeben, die Gesellschaft kaputt. Die Verbindung von Populismus und Fake News wirkt in
dieser Atmosphäre unwiderstehlich.“

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Der bekannte israelische Schriftsteller David Grossmann sieht angesichts solcher Perspektiven kaum eine Zukunft für das bisher existierende Israel, vielmehr ein politisches, moralisches und soziales Chaos, in das die Demokratie in Israel versinkt. – Dazu sein Beitrag in der Haaretz vom 28. Dezember 2022.

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und um 16:07 die diplomatische Ergänzung:

Bundeskanzler Scholz gratuliert dem Premierminister des Staates Israel, Benjamin Netanjahu

Pressemitteilung 392

Donnerstag, 29. Dezember 2022

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA)

Sehr geehrter Herr Premierminister,

zu Ihrer Amtsübernahme als Premierminister des Staates Israel übermittle ich Ihnen meine besten Glückwünsche.

Israel und Deutschland verbindet eine besondere und enge Freundschaft. Diese Grundlage der partnerschaftlichen Zusammenarbeit unserer beiden Länder werden wir weiter pflegen.

Für die anstehenden Aufgaben wünsche ich Ihnen gutes Gelingen, eine glückliche Hand und viel Erfolg.

Mit freundlichen Grüßen

Olaf Scholz, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland



Mehrheit – wofür?

Der Spagat – für die einen, Quadratur des Kreises den anderen -, ob Israel ein jüdischer Staat, ein demokratischer Staat oder ein jüdisch-demokratischer Staat sei, bewegt das Land seit Anbeginn. Die neue Regierung des Jahres 2023 und die sie tragende parlamentarische Mehrheit kann – und wird? – das Land umbauen.

Ein Gastbeitrag im Tagespiegel von Suzie Navot, Professorin für Verfassungsrecht und Vizepräsidentin des Israel Democracy Institute, zu diesem Thema, das uns in den nächsten Monaten sicher noch oft beschäftigen wird.

Ausriß Tagesspiegel

Playing with Fire

… und es gibt viel leicht Entzündliches in der ‚Heiligen‘ Stadt‘ …

Alarming developments in coalition agreements and promised ministerial appointments following the Israeli elections in November have left many of us rightfully worried about the future of Israeli democracy and human rights in the region.

The incoming government, comprised of far-right extremist and Jewish supremacist politicians, is shaping up to give their parties profound power and control over a wide range of politically sensitive and explosive issues in East Jerusalem, the West Bank, and within the Green Line.

What does this mean for Jerusalem and the prospects for peace?

Ir Amim invites you to join us for a virtual event exploring the implications of the incoming government on Jerusalem and what it means for civil society organizations active in pursuing justice, equality, and the end of the occupation.

The event will take place on Zoom on Sunday, December 18th @ 12:30 Eastern US | 17:30 London | 19:30 Jerusalem
Register Here for Our Upcoming Virtual Event on Dec 18

** Zoom link will be sent upon registration **

Featuring the expert analyses of:

Professor Naomi Chazan, Professor Emerita of Political Science – Hebrew University of Jerusalem & former MK

Nivine Sandouka, Regional Chief of Staff – ALLMEP & Board Director – Hoqoqna

Eine andere Sicht der Dinge

Israels neue Regierung wird revolutionär sein

Israel Nachrichten – eine Kommentierung von Ariel Kahana:

„Israels außer Kontrolle geratenes Justizsystem wird endlich einer angemessenen Überwachung unterliegen, und die notwendigen Reformen werden das Leben in Judäa und Samaria verbessern.“

Was bleibt da zu sagen? Eine Herausforderung zu begreifen, daß hier über das gleiche Land gesprochen wird, es liest sich eher wie die Nachricht von einem anderen Planeten…

No More ‘My Ally, Right or Wrong’

Ein Meinungsbeitrag von Susie Becher, Kommunikationsdirektorin der Policy Working Group, einer Gruppe von Israelis, darunter ehemaligen Mitgliedern des diplomatischen Dienstes und der Sicherheitseinrichtungen des Landes, die sich gegenüber der internationalen Gemeinschaft weiterhin für eine Regelung des Israelisch-Palästinensischen Konflikts auf der Basis der einer Zwei-Staaten-Regelung einsetzen:

„Not only the Israeli left but progressive governments everywhere are reeling from the outcome of the Israeli elections.  It is not so much the decisive victory of the right-wing, pro-Netanyahu camp, whose voters showed utter disregard for the values of honesty, integrity, and truth as characteristics for leadership, that has shaken liberals around the world.  What is far more worrisome is the impressive 12% of the seats in parliament won by the extremist Religious Zionism party, the wretched alliance of the Kahanist Itamar Ben-Gvir with the fundamentalist Bezalel Smotrich that has both Jews and Arabs, quaking at the thought of the racist, reactionary, homophobic, chauvinistic policies they may seek to advance.

Smotrich, Ben-Gvir, senior Likud members, and commentators identified with the right wing are busy trying to assure the public that there is nothing to fear, that the status quo on gay rights, abortion laws, and other issues related to civil rights will be preserved.  It is too early to assume that that will not be the case, to no small degree because of the Religious Zionist leaders’ understanding that the surge in this popularity did not come from a public hungry for halakhic rule but rather from a public that loathes the Arabs among whom we live. Despite assurances to the contrary, there may yet be a turn on the domestic scene that makes the current level of religious coercion in Israel look like a liberal paradise, but what is an absolute certainty is that we will see an increase in anti-Arab discourse designed to delegitimize the Arab political parties and make the entire Palestinian population in Israel appear suspect and entitled to no more than conditional citizenship.  Furthermore, the incoming government – right wing from end to end with a large percentage of religious parties – will be united not only in its objection to the establishment of a Palestinian state but also in its refusal to recognize the very need for a diplomatic resolution of the Israel-Palestine conflict and its portrayal of the expansion of settlement in East Jerusalem and the West Bank as the fulfillment of the destiny of the “chosen people” on its own land.

Germany, as a leading EU member state but, even more importantly, as a country that has committed itself to the defense of the security of the Jewish people and the State of Israel as its raison d’etat, is facing a unique challenge. Its leaders are wondering how Germany can chastise the Israeli Government or impose punitive measures without breaking the promise that lies at the foundation of German-Israel relations and without being perceived as reverting to an antisemitic stance reminiscent of the Nazi era.  The real question, however, is how can it not?

Following the approach adopted by the Biden administration, Europe and Germany in particular must stress that democratic values are fundamental to their relations with Israel and that they expect to see these values upheld both domestically and in its treatment of the Palestinians.

Such a change in German policy would not constitute abandonment of its unwavering commitment to the security of Israel; rather, it would demonstrate willingness to act when Israel strays from the path of justice and democracy because it recognizes that the greatest danger to the security of the state and of world Jewry would be giving license to a racist, fascist government whose policies ignite the Middle East.“

Erinnerung: Morgen, 15. November

diAk-online mit Katharina Konarek (Haifa)

zur Einordung des israelischen Wahlergebnisses und der potentiellen neuen israelischen Regierung, zu der ja in den vergangenen zwei Wochen schon eine Reihe von Namen und möglichen Projekten in der Öffentlichkeit kursieren.

diAk online Konarek

Shared Homeland …

diAk-online – 15. November 2022

Katharina Konarek, Director of Haifa Center for German and European Studies (HCGES)

dienstag-Zoom Konarek 15.11.2022