‚Justizreform‘ gefährdet den Standort Israel

Hig tech-Unternehmen ziehen sich aus Israel zurück.

Aber mehr noch ist ein anderer Faktor als Warnhinweis zu sehen, ein Faktor des Innovationssystems, der den Standort und den Staat für die Zukunft gefährden würde: Brain drain, die Gefahr der Abwanderung von hochqualifizierten jungen Menschen aus Israel; die Abwanderung also derer, die die Attraktivität des Landes als Spitzenstandort für die zahlreichen Forschungslabore, ausländischen Unternehmen und internationale Kooperationsprojekte ausmachen.

Beitrag auf 3sat.de

Stellung beziehen!

Erklärung anläßlich Benjamin Netanjahus Besuch in Deutschland


Stand: 14. März 2023

Als Jüdinnen und Juden in Deutschland, als Bürger:innen und Einwohner:innen dieses Staates, denen die Sicherheit und die Zukunft eines demokratischen Staates Israel am Herzen liegt, protestieren wir gegen den Besuch des israelischen Premierministers Benjam in Netanjahu in Berlin.

Der Besuch kommt zu einer Zeit, in der seine Regierung Gesetze verabschiedet, die, wenn sie nicht aufgehalten werden, das Ende der Demokratie in Israel bedeuten. Andere Verbündete Israels wie die Vereinigten Staaten halten daher einen Besuch Netanjahus zum jetzigen Zeitpunkt für unangebracht. Es liegt nun an der Bundesregierung, in aller Öffentlichkeit ein klares und deutliches Zeichen sowohl an die israelische Regierung als auch an die demokratischen Kräfte in Israel zu senden.

Daher fordern wir die Bundesregierung auf, sich klar und öffentlich von der antidemokratischen und rassistischen Politik der Regierung Netanjahus zu distanzieren und Stellung zu beziehen:

• gegen die Änderungen des Justizwesens, die darauf abzielen, die demokratische Gewaltenteilung abzuschaffen und den Schutz der Rechte marginalisierter Gruppen auszuhebeln.

• in Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Proteste für Demokratie in Israel, die von Netanjahu, Mitgliedern seiner Koalition und seines engsten Kreises wiederholt verunglimpft wurden.

• gegen das im israelischen Koalitionsvertrag klar benannte, völkerrechtswidrige Ziel, den Anspruch auf das ganze Gebiet zwischen Jordan und Mittelmeer zu bekräftigen und dieses Gebiet zu besiedeln sowie gegen die bereits in Teilen vollzogene de facto Annexion der besetzten palästinensischen Gebiete.

• gegen Menschenrechtsverletzungen und gegen die von Regierungsmitgliedern unterstützte Siedlergewalt, wie kürzlich im palästinensischen Huwara.

Benjamin Netanjahu trägt als Premierminister die Verantwortung für die antidemokratischen Gesetzesvorhaben seiner Regierungskoalition, für die rassistischen und gewaltverherrlichenden Hetzreden seiner Kabinettsmitglieder und für Angriffe auf die demokratische Staatsform, die am 14. Mai 1948 beschlossen wurde. Die heutige Regierung repräsentiert weder jüdische noch demokratische Werte und kann kein Partner für einen auf gemeinsamen Werten basierten Dialog für die Bundesrepublik Deutschland sein.

Diese Haltung sollte die Bundesregierung gegenüber Netanjahu klar zum Ausdruck bringen und jede Begegnung mit den rechtsradikalen Ministern seiner Regierung Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir kategorisch und öffentlich ausschließen.

Auch rufen wir Jüdinnen und Juden in Deutschland die jüdischen Gemeinden und Institutionen auf, Netanjahu während seines Besuches keine Bühne zu bieten.

Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland – zu der auch Israelis gehören – fühlt sich dem Staat Israel Zeit seines Bestehens eng verbunden, viele haben berufliche Verbindungen, Familie, und Freunde in diesem Land, die seit vielen Wochen auf der Straße für den Erhalt der Demokratie kämpfen. Wir können und wollen nicht tatenlos zuschauen, während Netanjahus Regierung im Eiltempo die Demokratie zerstört und die Gewalt zwischen Israelis und Palästinenser:innen anheizt.

Stattdessen müssen wir jetzt an der Seite der Zivilgesellschaft in Israel stehen und mit ihnen und der Mehrheit jüdischer Gemeinschaften weltweit unsere Stimmen erheben für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, gegen die Besatzung und für gleiche Rechte für alle Bürger:innen Israels.

Erstunterzeichner:innen:

Prof. Michal Bodemann – Prof. Dr. Micha Brumlik – Noam Brusilovsky – Esther Dischereit – Tomer Dotan-Dreyfus – Assaf Gruber, Künstler – Myriam Halberstam – Shai Hoffmann – Marion Kollbach, Filmemacherin und Jüdischer Salon – Cilly Kugelmann – Shelly Kupferberg – Prof. Dr. Elad Lapidot, Universität Lille – Boaz Levin, Autor und Kurator – Dr. Hanno Loewy, Jüdisches Museum Hohenems – Nitzan Menagem, Hashomer Hatzair Deutschland – Eva Menasse – Prof. Meron Mendel, Bildungsstätte Anne Frank – Prof. Susan Neiman, Einstein Forum – Prof. Miriam Rürup – Dr. Deborah Schnabel, Direktorin Bildungsstätte Anne Frank – Shahak Shapira – Or Shemesh – Mati Shemoelof – Maya Shenfeld, Komponistin – Sonia Simmenauer, h. Prof. Musikhochschule Hamburg, Inhaberin und Geschäftsführerin Impresariat Simmenauer Gmbh, Präsidentin des BDKV (Bundesverband der Konzert- und
Veranstaltungswirtschaft) – Dr. Amir Theilhaber, New Israel Fund (NIF) Deutschland – Dr. Ofer Waldman – Albert Wiederspiel, Festivalleiter, Filmfest Hamburg

Pressekontakt: Maja Sojref, Geschäftsführerin New Israel Fund Deutschland (presse@nif-deutschland.de)

Dieses Statement wurde vom New Israel Fund (NIF) Deutschland initiiert.

Ernst Tugendhat (1930-2023)

Zum Tod des Philosophen Ernst Tugendhat

Eine Würdigung von Michael Hesse in der Berliner Zeitung (BZ)

„Ernst Tugendhat hat nicht nur philosophiert, sondern ebenso sehr politisiert, demonstriert, gestritten. Am Montag ist er im Alter von 93 Jahren in Freiburg/B. gestorben. Mit ihm verliert Deutschland einen seiner großen Denker.“

G. H. Holländer schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)

„Das heißt nicht, dass Tugendhat jeden seiner Irrtümer erkannt hätte, aber so ausdrücklich, wie er auf ihr Vorhandensein hinweist, ermuntert er auch dazu, selbst welche zu finden. Ein solcher Irrtum könnte etwa sein, dass das Wollen der Menschen auf Zukunft gerichtet sei. Gerade für Religion und Mystik lässt sich viel eher eine Ausrichtung auf das schlechthin Vergangene beweisen.“

Und ein Beitrag auf der Schweizer Website ch-cultura.ch.

Protest der Schriftsteller:innen

Joseph Croitoru auf qantara.de: „Sie wollen die Kontrolle über die Bücher“

Bei den landesweiten Protesten der vergangenen Wochen gegen die Reformen der neuen israelischen Regierung waren Schriftstellerinnen und Schriftsteller kaum sichtbar. Das hat sich nun grundlegend geändert

In eigener Sache

Vor zwei Tagen haben wir an dieser Stelle auf eine Initiative aufmerksam gemacht, die in Israel Geld für die Entschädigung der Verluste beim Siedlerüberfall auf den Ort Huwara bei Nablus sammelt. Über die Online-Plattform giveback.co.il haben inzwischen über 11.400 Menschen mehr als 1,7 Millionen NIS gesammelt, etwa 450.000 €.

Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht wußten – und auch leider nicht selber überprüft haben -, ist der vorgesehene Verteilschlüssel, auf den Orly Noy, chair of B’Tselem’s executive board, (am 3. März) im Onlinemagazin 972mag.com aufmerksam macht:

„That former Shin Bet personnel are being used to distribute the funds renders Fink’s fundraising project fundamentally immoral. Anyone who is even slightly familiar with the depth of the Shin Bet’s control over every aspect of Palestinian life in the West Bank should be horrified not only by its involvement, but from the fact that the project relies on it “for the benefit of the residents.“

„There are also Palestinians who, by virtue of extortion by the Shin Bet, are granted freedom of movement and access to medical treatment in exchange for their collaboration with the occupation. And this is precisely why Fink’s project poses a real, material danger to Palestinians: it marks them as beneficiaries of donations collected by the Shin Bet and turns them into collaborators. This poses a far greater danger to the lives of any Palestinians who may benefit from these funds.“

Wir bedauern, daß diese wichtige Information zur Einordnung der Aktion im Blogbeitrag vom 2. März gefehlt hat.

Geld ersetzt kein Leben, aber …

Donate to Hawara:
Wohin schauen in diesen Tagen? Eine kleine Initiative: 11.113 haben sich bis dato daran beteiligt…

Hier ein Bericht bei al-Monitor dazu.

4. März 2023: Ergänzung: In eigener Sache

Macht Raum Gewalt

Planen und Bauen im Nationalsozialismus

Ausblick auf die Ausstellung in der Akademie der Künste – Berlin, Pariser Platz – 19.4.-16.7.2023

Die Ausstellung zeigt anhand zahlreicher Modelle, Pläne, Photographien, Filme und anderer Zeitdokumente das Planen und Bauen während der nationalsozialistischen Herrschaft von 1933 bis 1945. Sie untersucht bauliche und biographische Kontinuitäten und Brüche bis in die Gegenwart.

Dabei bezieht sie sich neben dem Deutschen Reich auch auf die besetzten Gebiete in Osteuropa und zieht Vergleiche zu anderen Staaten in dieser Zeit. Die rassistischen Inklusions- und Exklusionspraktiken, ideologisch und propagandistisch hoch aufgeladen, bestimmten, wer wie leben durfte – und wer wie sterben mußte.

Die Schau basiert auf den Ergebnissen eines Forschungsprojektes, beauftragt durch das BMWSB und betreut von der UHK und dem kuratorischen Team.

Ergänzend bietet die Akademie der Künste ein Veranstaltungsprogramm mit einer täglich laufenden Filmreihe (Dokumentar-und Künstler:innenfilme von 1961 bis 2019), Konzerten, Diskussionsrunden und Lesungen an sowie Führungen, szenische Lesungen und Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Die gefälschten „Hitler-Tagebücher“ und die reale Geschichte des NS

Der Historiker Hajo Funke ordnet die Einträge mit Kommentaren ein

Umfangreiches Feature des NDR:

Datenbank: Die gefälschten „Hitler-Tagebücher“ zum Durchsuchen

Leugnung der Shoa: Die Wahrheit hinter den „Hitler-Tagebüchern“ – 40 Jahre nach dem Skandal um die gefälschten „Hitler-Tagebücher“ im „Stern“ hat der NDR die Texte in vollem Umfang veröffentlicht. Sie offenbaren die geschichtspolitischen Motive des Fälschers und einiger seiner Helfer: die Leugnung des ‚Holocaust‘.

Buchenwald

Neuerscheinung: Zur europäischen Textgeschichte eines Konzentrationslagers

Herausgegeben von Stephan Pabst / Band 9 der Reihe Medien und kulturelle Erinnerung / ISBN 9783110770117

Über das Buch (Besprechung erfolgt nach Möglichkeit)

Kaum ein nationalsozialistisches Konzentrationslager hat nach 1945 eine derart vielfältige Literatur hervorgebracht wie Buchenwald. Zu ihr gehören ideologisch bis heute umstrittene Bücher wie der antifaschistische Beststeller Nackt unter Wölfen, die hochkanonischen Romane wie Semprúns oder Kertész, weniger bekannte Romane wie Adlers Das Panorama oder Ferdinand Peroutkas Wolke und Walzer, eine Flut vergessener ‚grauer‘ Bericht-Literatur, frühe Versuche einer soziologischen, politischen oder psychologischen Deutung des Lagers.

Ebenso wie das Konzentrationslager Buchenwald selbst ist diese Literatur international. Buchenwald versammelte Menschen aus fast allen Ländern Europas. Viele von ihnen wurden aus politischen oder rassischen Gründen deportiert, die nationale Grenzen überschritten. Die Literatur, die aus dem Lager hervorging, entstand also einerseits in nationalliterarischen Kontexten, bezog sich aber andererseits auf ein transnationales Ereignis, das sich mit transnationalen Fragen verband.

Die Literatur des Lagers Buchenwald läßt sich daher nicht einfach nationalliterarisch einhegen. Trotzdem wies die Forschung in den letzten Jahren einen starken Zug zur nationalliterarischen Segmentierung auf, was auch dazu führte, daß sich die Wahrnehmung darüber hinaus nur auf sehr wenige kanonische Werke beschränkte.

Der vorliegende Band versammelt Beiträge über die Literaturen, die an der europäischen Textgeschichte des Konzentrationslagers Buchenwald mitgeschrieben haben.